Ganz allgemein wird Stille als die Abwesenheit von Geräuschen und sonstigen Klangphänomenen1 definiert und wird häufig mit Lautlosigkeit oder Geräuschlosigkeit gleichgesetzt. Doch handelt es sich hierbei eigentlich nur eine Seite der Stille, die äußere Form, die physische Stille.

Neben der äußeren Stille gibt es aber noch die viel wichtigere Form, die innere Stille oder auch Stille des Geistes.

Um jedoch Stille zu verstehen, ist es wichtig, sich zunächst die Funktion unseres Denkens etwas näher anzuschauen.

Der menschliche Geist oder vielmehr unsere biologische Funktion des Denkens ist für diese Art der Stille nicht eingerichtet. Für unser Denken geht es ums Überleben. Das Denken ist stets damit beschäftigt, unsere Außenwelt zu kontrollieren und uns vor etwaigen Gefahren zu schützen. Momente der wahrhaftigen Stille werden somit vom Denken als lebensbedrohlich eingestuft. Aus diesem Grund tut unser Denken alles dafür, dass wir innere Stille möglichst wenig, am besten gar nicht erfahren.

Das ist auch in Ordnung, da wir über die gesamte Entwicklungszeit genau darauf programmiert wurden: unser Überleben zu sichern. Unser Denken ist wie ein Computerprogramm, welches über Millionen von Jahren immer weiter und feiner entwickelt wurde. Jedoch ist dieses Computerprogramm nur ein Gebilde, eine Funktion, die automatisch und ununterbrochen läuft, ohne wirklich hinterfragt zu werden.

Dieses Programm führt leider inzwischen aber dazu, dass unser Geist durch unser Denken stets beschäftigt und gerade in der westlichen Welt geradezu überfordert wird. Das Leben wird immer schneller und gerade in vielen beruflichen Bereichen kommt man scheinbar um ein „Höher, Schneller, Weiter“ nicht mehr herum. Nicht umsonst ist die Rate von Burnout-Fällen drastisch in den letzten Jahren gestiegen.

Stille kann also als das bewusste Aus- oder Abschalten der normalen Alltagsreize verstanden werden, um auf diese Weise ganz zu sich selbst zu kommen, sich besser zu verstehen, ganz im Hier und Jetzt zu sein.2

Es geht dabei darum, wieder zu lernen, genau hinzuhören. Auf die Stille zu lauschen. Auf den Raum zwischen den Worten.3 Aus Laut wird leise. Aus ständigem Gedankenstrudel wird innere Ruhe und Gedankenlosigkeit in Form einer entspannten und meditativen „Leere“ im Kopf.

Stille zu erleben ist essentiell für unser Dasein. Sie unterstützt uns zu entspannen und dem stressigen Teil unseres Lebens ruhig und gelassen zu begegnen und diesem nicht hilflos ausgeliefert zu sein oder vielmehr, uns nicht so zu fühlen.

Wenn wir Stille erleben, können sich unser Körper und unser Geist erholen. Wir können Kraft schöpfen und unsere Energiereserven wieder auftanken. Sie hilft uns, all die Reize, die wir tagtäglich aufnehmen, zu verarbeiten und unserem Dasein entsprechend sinnvoll zu integrieren.

Um die Kraft der Stille im Yoga zu erfahren, gibt es nahezu unbegrenzte Möglichkeiten. Denn egal welche Asana oder welche Yoga-Technik wir üben, Stille ist immer ein Teil davon.

Ganz klassisch ist die Meditation, die neben den Asans ein essentieller Bestandteil des Yoga ist. In der Meditation beruhigen wir unseren Geist und können so den Raum für innere Stille schaffen.

Eine sehr schöne Asana, um ganz in die Stille zu kommen, ist Shavasana. Diese Asana von einer ruhigen Stimme und mit einigen Affirmation angeleitet, unterstützt uns, den Lärm des Außen loszulassen und ganz bei uns anzukommen. Diese Affirmationen können z. B. sein:

„Mein Geist ist ruhig und entspannt.“

„Mein Atem fließt ruhig und gleichmäßig.“

„Mein Herz schlägt entspannt und öffnet sich.“

 

 

1: https://wiki.yoga-vidya.de/Stille
2: Magazin „Auszeit“ 06/07-2018 – Dossier „Dein Weg in die Ruhe“ S. 48
3: Magazin „Auszeit“ 06/07-2018 – Dossier „Dein Weg in die Ruhe“ S. 26
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